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Rückwirkende Anmeldung zur Umsatzsteuer in Polen

Magda Olszewska

Stand: 18.03.2024
Magda Olszewska

Haben Sie bereits begonnen, in Polen steuerbare Umsätze auszuführen, ohne sich zuerst zu der polnischen Umsatzsteuer anzumelden und jetzt wollen Sie die Anmeldung zu der polnischen Umsatzsteuer nachholen? In diesem Blog-Eintrag besprechen wir die Möglichkeit der rückwirkenden Anmeldung zur Umsatzsteuer in Polen, stellen die häufigsten Probleme und unsere Tipps dar, um weitere negativen Konsequenzen zu vermeiden.

INHALTSVERZEICHNIS

  1. Möglichkeit der rückwirkenden Anmeldung
  2. Die USt-IdNr. darf nicht rückwirkend erteilt werden
  3. Risiken bei den rückwirkenden Anmeldungen
    1. Strafe für die Nichtbeantwortung der Aufforderung des Finanzamtes
    2. Strafzinssatz

Möglichkeit der rückwirkenden Anmeldung

Über die reguläre Anmeldung zur Umsatzsteuer können Sie in unserem Blog-Eintrag Umsatzsteuer-Registrierung in Polen nachlesen.

In der Praxis vergessen manchmal Unternehmer ihre steuerlichen Pflichten und fangen mit der Ausführung der in Polen umsatzsteuerbaren Umsätze noch vor der Anmeldung zu der Umsatzsteuer in Polen an. In einem solchen Fall ist die rückwirkende Anmeldung zu der polnischen Umsatzsteuer erforderlich. Da der buchstäbliche Wortlaut der Vorschriften die rückwirkende Registrierung nicht zulässt, vertreten die Finanzämter verschiedene Positionen, wie solche Anträge zu behandeln sind.

Das Zweite Finanzamt Warschau-Mitte, das für die Anmeldung von ausländischen Steuerpflichtigen ohne Sitz oder feste Niederlassung in Polen zuständig ist, führ die rückwirkenden Anmeldungen problemlos aus.

Bedauerlicherweise verweigern manche Finanzämter die Annahme des Aktualisierungsformulars VAT-R mit dem tatsächlichen, in der Vergangenheit liegendem Datum der Annahme der steuerbaren Tätigkeiten – trotz der eindeutigen Ansicht der zentralen Steuerbehörde, die in den individuellen Auslegungen des Steuerrechts zum Ausdruck gebracht wurde. Falls die rückwirkende Anmeldung für die steuerliche Situation des Mandats von großer Bedeutung ist, empfehlen wir in solchen Fällen die Beantragung der individuellen Auslegung des Steuerrechts, um die Korrektheit der Abrechnungen in der Vergangenheit zu bestätigen und den Mandanten für den Fall einer eventuellen Betriebsprüfung abzusichern.

Die USt-IdNr. darf nicht rückwirkend erteilt werden

Bei den rückwirkenden Meldungen ist eine wichtige Sache zu berücksichtigen – die USt-IdNr. darf nicht rückwirkend erteilt werden. Das Finanzamt wird die USt-IdNr. mir Wirkung frühestens erst ab dem Tag des Eingangs der Registrierungsformulare bei dem Finanzamt erteilen.

Das kann weitreichende Konsequenzen für die Unternehmer haben. Seit dem Inkrafttreten der europäischen sog. Quick-Fix-Richtlinie am 1. Januar 2020 darf der Lieferant die Steuerbefreiung bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen nur dann anwenden, wenn sein Abnehmer eine gültige USt-IdNr. besitzt. Diese Regelung greift ebenfalls bei innergemeinschaftlichen Verbringungen, bei denen der Unternehmer seine Waren von einem Lager in einem EU-Staat an ein Lager in einem anderen EU-Staat verbringt. Die Verbringung wird umsatzsteuerlich als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt und unterliegt der Steuerbefreiung nur, wenn u.a. der Unternehmer im Bestimmungsland über die gültige USt-IdNr. verfügt. Ansonsten ist eine solche Verbringung als inländische Lieferung im Ausgangsland zu versteuern.

Leider beobachten wir viele Fälle, in denen die ausländischen Unternehmer ihre Waren an das Lager in Polen senden, ohne bevor die Formalitäten im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerregistrierung und Erteilung der USt-IdNr. erledigt zu haben. Da die polnische USt-IdNr. rückgängig nicht erteilt werden darf, laufen sie das Risiko ein, dass solche Verbringungen in den Ausgangsländern als inländische Verkäufe behandelt werden und die Steuerbehörden die Besteuerung solcher Verbringungen verlangen werden. Im Endeffekt führt die rückgängige Anmeldung in solchen Fällen zur doppelten Besteuerung.

Die Mandanten, die die Ausführung von innergemeinschaftlichen Verbringungen nach Polen beabsichtigen, sollen die Registrierung zur Umsatzteuer in Polen auf jeden Fall zuerst abschließen, bevor sie mit den Verbringungen anfangen, um das Risiko der doppelten Besteuerung zu vermeiden.

Risiken bei den rückwirkenden Anmeldungen

Bei rückwirkenden Anmeldungen zur Umsatzsteuer sollen Sie darauf achten, dass die überfälligen Steuererklärungen, nachdem Ihnen die erteilte NIP-Nummer bekannt gegeben wird, schnellstmöglich eingereicht werden sollen. Es gibt zwei paar Gründe für die Eile:

  • Auf Ihr Unternehmen kann eine Strafe für die Nichtbeantwortung der Aufforderung des Finanzamtes auferlegt werden.
  • Die Steuerlast kann mit einem Strafzinssatz verzinst werden.

Strafe für die Nichtbeantwortung der Aufforderung des Finanzamtes

Das Finanzamt überprüft regelmäßig, ob alle Steuerpflichtigen, die zur Umsatzsteuer angemeldet sind, alle Steuermeldungen abgegeben haben. Da solche Prüfungen heutzutage automatisiert sind, kann das Finanzamt sie in sehr kurzen Zeitabständen durchführen.

Nachdem Ihr Unternehmen rückwirkend zur Umsatzsteuer registriert wurde, werden in der nächsten automatisierten Prüfung alle überfälligen Steuermeldungen aufgezeigt, falls sie bis dahin noch nicht eingereicht sind.

Wenn das Finanzamt feststellt, dass ein Steuerpflichtige eine oder mehrere Steuererklärungen nicht abgegeben hat, versendet es an den Steuerpflichtigen eine Aufforderung zur Einreichung der versäumten Meldungen innerhalb von 7 Tagen ab dem Tag des Erhalts der Aufforderung. Kommt der Steuerpflichtige der Aufforderung nicht nach, kann auf ihn eine Strafe auferlegt werden:

  • Strafe auf Grundlage von dem Finanzstrafgesetzbuch – die Höhe der Strafe ist unterschiedlich vom Fall zu Fall, meistens ca. 2.000 PLN.
  • Ordnungsstrafe – die maximale Höhe der Strafe beträgt 3.300 PLN. Auf die ausländischen Unternehmen wird meistens die Strafe in maximaler Höhe auferlegt.

Häufig bekommen die Steuerpflichtigen die Aufforderungen zur Abgabe der rückgängigen Meldungen schon 2-3 Wochen nach der Erteilung der Steuernummer. In manchen Fällen erweist sich die Erstellung der Meldungen jedoch kompliziert bzw. es andere Gründe gibt (Urlaub des Kunden, fehlende Unterlagen, etc.), weswegen die Abgabe der aufgeforderten Meldungen innerhalb der 7-tätigen Frist nicht möglich ist. In diesen Fällen drohen dem Unternehmer die Strafen für die Nichtbeantwortung der Aufforderung des Finanzamtes.

Für unsere Mandanten beantragen wir in solchen Fällen immer Fristverlängerung. Der Antrag wird jedoch in jedem Fall von dem Finanzamt genehmigt.

Strafzinssatz

Falls Ihr Unternehmen die überfällige Steuer zu zahlen hat, wird es noch zusätzlich die Last der Zinsen tragen müssen. Zurzeit beträgt der Zinssatz 14,5% p.a.

Das Finanzamt vertritt die Meinung, dass die Versendung der Aufforderungen zur Abgabe der rückgängigen Meldungen nach der rückwirkenden Registrierung bedeutet, dass das Finanzamt im Rahmen der Prüfung „entdeckt“ hat, dass der Steuerpflichtige seiner Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen nicht nachgekommen ist. Die Tatsache, dass es der Steuerpflichtige war, der sich freiwillig, ohne irgendwelche Aktivität des Finanzamtes, zur Umsatzsteuer rückgängig angemeldet hat und selbst deklariert hat, für welchen Zeitraum er die überfälligen Steuererklärungen nachreichen muss, wird von dem Finanzamt überhaupt nicht wahrgenommen. Das Finanzamt besteht in solchen Fällen darauf, dass es selbst im Rahmen einer Prüfung „die Versäumnis“ des Steuerpflichtigen entdeckt hat und dementsprechend die Steuerlasten, die sich aus den rückwirkenden Meldungen ergeben, mit dem Strafzinssatz verzinst werden müssen. Diese Auffassung ist m.E. viel zu fiskalisch. Es wird jedoch wahrscheinlich ein Gerichtsverfahren bedürfen, um diese Praxis der Finanzverwaltung zu ändern.

Die Besteuerung mit Strafzinssatz wird für diese Steuerpflichtigen besonders belastend, die die Steuererklärungen haben, die sich auf weit in der Vergangenheit liegende Zeiträume beziehen und die beträchtlichen Steuerlasten zu deklarieren haben.

Um das Risiko der Besteuerung mit dem Strafzinssatz zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, mit der Erstellung der Steuererklärungen schnellstmöglich anzufangen und nicht bis zur Vergabe der Steuernummer zu warten.

Die überfälligen Meldungen sollen gleich nach der Zuteilung der Steuernummer abgegeben werden können, noch bevor das Finanzamt die automatisierte Überprüfung der Vollständigkeit der Meldungen durchführt, um das Risiko der Anwendung des Strafzinssatzes zu vermeiden.

Fußnoten:

[1]

Art. 96e. Abs. 1 des UStG-PL.

[2]

Individuelle Auslegungen des Steuerrechts: vom 23.10.2023, Az. 0114-KDIP1-3.4012.499.2023.1.PRM, vom 23.03.2022, Az. 0111-KDIB3-1.4012.112.2022.1.ABU, vom 24.01.2023, 0112-KDIL1-3.4012.34.2023.2.MR.

[3]

Art. 56b Abs. 1 der AO-PL.



Mein Name ist Magda Olszewska. Ich bin polnische Steuerberaterin und Leiterin der Kanzlei Olszewska Tax Consulting. Ich verfasse regelmäßig neue Artikel für unseren Blog, in denen ich Themen aufgreife, mit denen wir uns in unserer Praxis befassen.

Sollte es noch offene Fragen geben oder der Wunsch nach einer persönlichen Beratung bestehen, kontaktieren Sie uns gerne.

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