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USt-ID des Lieferers bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen

Magda Olszewska

Stand: 16.07.2024
Magda Olszewska

Das Problem entsteht beispielsweise, wenn ein ausländischer Unternehmer beginnt, in Polen steuerbare Tätigkeiten auszuführen, ohne davor die Formalitäten mir der Anmeldung zur Umsatzsteuer und Beantragung von der USt-ID in Polen erfüllt zu haben.

Steuerpflichtige können sich daher in einer Situation wiederfinden, in der sie eine Steuererklärung abgeben und zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung über die gültige USt-ID noch nicht verfügen – entweder weil sie nicht wissen, dass eine solche Verpflichtung besteht, oder weil ihre USt-ID vom Amts wegen deaktiviert wurde. In dieser Situation stellt sich die Frage, ob der Steuerpflichtige das Recht auf den Nullsatz für igL behält, obwohl er die Voraussetzung der aktiven USt-ID nicht erfüllt, und ob er, wenn er doch dieses Recht verliert, das Recht unwiderruflich verliert oder nach der Beantragung der USt-ID den Nullsatz rückwirkend anwenden kann.

Auslegungslinien

Auf der Grundlage der diskutierten Fragestellung wurden drei Auslegungslinien entwickelt:

  1. Ungünstige für Steuerpflichtige Auslegungslinie der Finanzverwaltung, wonach die Anwendung des Nullsatzes möglich ist, sofern innerhalb der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Steuererklärung eine aktive USt-ID vorliegt.
  2. In der älteren Rechtsprechung der Woiwodschaftsverwaltungsgerichte wurde eine für die Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten. Im Lichte dieser Auslegung kann dem Steuerpflichtigen beim Fehlen einer gültigen USt-ID zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung bei gleichzeitiger Erfüllung anderen Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsatzes für igL das Recht auf den Nullsatz nicht verwehrt werden.
  3. Die strengere Auffassung des Obersten Verwaltungsgerichts, ausgedrückt im Urteil von 1. März 2019, Az. I FSK 172/17, wonach das Fehlen einer gültigen USt-ID zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung den Verlust des Rechts auf den Nullsatz nach sich zieht, wobei dieser Fehler durch die spätere Registrierung für die Zwecke der innergemeinschaftlichen Transaktionen geheilt werden kann.

Strenge Auffassung der Steuerbehörden

Es ist zu betonen, dass es sich hierbei um eine strengere Auslegung handelt, als sie sich aus dem Inhalt der Vorschrift ergibt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich eindeutig, dass die Voraussetzung für die Anwendung des Nullsatzes ist, dass die USt-ID zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung gültig ist, und nicht zum Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Steuererklärung.

Liberale Rechtsprechung der Woiwodschaftsverwaltungsgerichten

Im Lichte der Auslegung der Gerichte soll der Steuersatz 0% anwendbar sein, wenn die materiellen Voraussetzungen für igL erfüllt sind, auch wenn bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt sind. Nur in zwei Fällen wäre es anders:

  • wenn die Nichteinhaltung einer formellen Anforderung den Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden oder
  • Umstände, wie beispielsweise eine fehlende Registrierung oder eine verspätete Offenlegung der Transaktion, weisen Anzeichen von Betrug auf.

Die automatische Verweigerung der Möglichkeit der Anwendung des Steuersatzes 0% aufgrund der fehlenden Anmeldung für die Zwecke der innergemeinschaftlichen Transaktionen des Steuerpflichtigen ist im Lichte dieser Rechtsprechung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar.

Ein Präzedenzurteil des Obersten Verwaltungsgerichts

Ein Bruch mit der aktuellen Rechtsprechung ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 1. März 2019, Az. I FSK 172/17. Das Gericht stimmte mit dem Finanzamt darin überein, dass der Steuerpflichtige das Recht hat, den Nullsatz anzuwenden, sofern er sich innerhalb der (gesetzlichen) Frist zur Abgabe einer Steuererklärung für die Zwecke der innergemeinschaftlichen Transaktionen registriert hat.

Das Oberverwaltungsgericht verweist auf den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dargelegten Grundsatz, wonach bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen auf formelle Anforderungen zu verzichten sei. Nach Ansicht des Obersten Verwaltungsgerichts gilt diese Regelung nur für Fälle, in denen der Steuerpflichtige bei der Ausübung seiner Sorgfaltspflicht unwissentlich die formellen Voraussetzungen nicht eingehalten hat. Nach Ansicht des Obersten Verwaltungsgerichts kann die Nichterfüllung formeller Anforderungen nur dann nicht zu einer Verweigerung der Anwendung des Nullsatzes führen, wenn der Steuerpflichtige trotz aller gebotenen Sorgfalt in der irrigen Annahme gehandelt hat, dass diese formalen Anforderungen erfüllt seien.

Entgegen der Position der Finanzverwaltung vertrat das Oberste Verwaltungsgericht die Auffassung, dass ein Steuerpflichtige, der bei Abgabe seiner Steuererklärung seiner Pflicht zur Registrierung für die Zwecke der innergemeinschaftlichen Transaktionen nicht nachgekommen ist, die Möglichkeit hat, nach der Zuteilung der USt-ID die Erklärung zu berichtigen und die igL mit einem Nullsatz zu erfassen. Nach Auffassung des Gerichts ist es nicht erforderlich, dass die gültige USt-ID zum Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzlichen Frist zur Abgabe der Erklärung aktiv ist, sondern es reicht aus, dass sie zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuererklärung bzw. deren Korrektur aktiv ist.

Praktische Schlussfolgerungen

Was sollen Sie also tun, wenn Sie eine igL in Polen ausgeführt haben und zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuererklärung noch keine aktive Eintragung in der MIAS -Datenbank vorhanden ist?

Attraktiv ist sicherlich die liberale Auslegung der Woiwodschaftsverwaltungsgerichten, wonach die ungültige USt-ID der Anwendung von dem Nullsatz für die igL nicht entgegensteht. Die vom Obersten Verwaltungsgericht in dem oben genannten Urteil dargestellte Auffassung ist jedoch sicherer und stellt in der Regel keine übermäßige Belastung für den Unternehmer dar. Der Unternehmer soll die Transaktion als inländische Lieferung deklarieren, sich so schnell wie möglich im MIAS registrieren lassen und dann, nachdem er die Eintragung im MIAS vorliegt, die USt-Erklärung korrigieren und igL mit dem Nullsatz melden.

Es ist jedoch zu bedenken, dass die Behörden diesen Ansatz in Frage stellen können, d. h. die Berichtigung der Erklärung und die Angabe von igL mit einem Steuersatz von 0 % für den Zeitraum, in dem der Unternehmer über keine aktive USt-ID verfügte. Ich empfehle Unternehmern zwei Möglichkeiten:

  1. Umsichtige Unternehmer, die die Richtigkeit ihrer Abrechnungen unbedingt sicherstellen und keinen Streit mit dem Amt riskieren wollen, können zur Bestätigung der Richtigkeit dieser Vorgehensweise einen Antrag auf individuelle Auslegung des Steuerrechts stellen. Unter Berücksichtigung der einheitlich negativen Auslegung der Steuerbehörden sind die Chancen für eine positive Auslegung eher gering und eine positive Auslegung ist erst nach einem positiven Urteil des Verwaltungsgerichts zu erwarten. Nachdem Sie eine positive individuelle Auslegung erhalten haben, können Sie eine Korrektur der Erklärung einreichen und igL mit einem Nullsatz ausweisen.
  2. Unternehmer, die ein höheres Steuerrisiko in Kauf nehmen, können das Verfahren im Einklang mit der Auslegung des Obersten Verwaltungsgerichts anwenden, d. h. nach Erhalt einer Eintragung im MIAS die Erklärung korrigieren und igL mit einem Steuersatz von 0 % ausweisen, ohne sich zuvor durch eine individuelle Auslegung abzusichern. Allerdings muss sich der Unternehmer darüber im Klaren sein, dass ihm bei einer Infragestellung des Nullsatzes im Prüfverfahren ein langfristiger Streit mit dem Finanzamt bevorsteht.



    Fußnoten:

    Art. 42 Abs. 1 Nr. 3 des UStG-PL.

    Art. 97 Abs. 16 im Zusammenhang mit Art. 96 Abs. 9a Nr. 2 des UStG-PL.

    Art. 97 Abs. 16 im Zusammenhang mit Art. 96 Abs. 9 Nr. 2 des UStG-PL.

    Individuelle Auslegungen des Direktors für nationale Steuerinformationen: vom 4. April 2024, 0112-KDIL1-3.4012.37.2024.4.MR; vom 8. Oktober 2021, 0113-KDIPT1-2.4012.475.2021.3.KT; vom 04.06.2020, 0112-KDIL1-3.4012.10.2020.3.AKS.

    Siehe insbesondere die Urteile des Obersten Verwaltungsgerichts: vom 24. März 2011, Az. I FSK 1579/10, vom 6. Oktober 2010, Az. I FSK 1710/09, vom 11. März 2010, Az. I FSK 1941/08.

    Urteile: des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warschau vom 31. Januar 2019, Az. III SA/Wa 232/18; des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warschau vom 29. Juni 2017, Az. VIII SA/Wa 75/17; des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Breslau vom 20. Oktober 2016, Az. I SA/Wr 492/16 (aufgehoben).



    Mein Name ist Magda Olszewska. Ich bin polnische Steuerberaterin und Leiterin der Kanzlei Olszewska Tax Consulting. Ich verfasse regelmäßig neue Artikel für unseren Blog, in denen ich Themen aufgreife, mit denen wir uns in unserer Praxis befassen.

    Sollte es noch offene Fragen geben oder der Wunsch nach einer persönlichen Beratung bestehen, kontaktieren Sie uns gerne.

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