Stand:
12.09.2024
Magda Olszewska
Die Unternehmer, die in Polen steuerbare Leistungen ausführen, sind in der Regel verpflichtet, die Rechnungen nach den polnischen Regelungen (sog. faktura VAT) auszustellen, auch wenn sie ihren Sitz außerhalb von Polen haben. Über die Pflichtangaben in polnischen Rechnungen habe ich in einem anderen Blog-Eintrag ausführlich berichtet. In diesem Beitrag bespreche ich, in welchen Fällen die Rechnungen nach dem polnischen Steuerrecht auszustellen sind.
INHALTSVERZEICHNIS
Die Unternehmer sind verpflichtet, folgende Vorgänge mit einer polnischen Rechnung zu dokumentieren:
Die Unternehmer müssen für die Verkäufe an andere Unternehmer Rechnungen ausstellen (Art. 106a Abs.1 Pkt. 1 des UStG-PL).
Bei B2B Verkäufen ist die Ausstellung von Rechnungen in der Regel obligatorisch.
Als Verkäufe gelten (Art. 2 Pkt. 22 des UStG-PL):
Besonderheiten bei den Leistungen, die dem Reverse-Charge in Polen unterliegen |
Eine Ausnahme von dieser Regel stellen in Polen steuerbare Leistungen dar, die durch einen ausländischen Unternehmer ausgeführt werden, bei denen der Erwerber gemäß dem Reverse-Charge Verfahren die Steuer schuldet und der Empfänger die Rechnung für diese Tätigkeiten nicht ausstellt (Art. 106a Abs. 1 Buchst. a UStG-PL). In diesen Fällen finden Vorschriften über die Rechnungsstellung des Mitgliedstaates der Ansässigkeit bzw. der festen Niederlassung des leistenden Unternehmers Anwendung (Art. 219a Abs. 2 Buchst. a Ziff. i MwStSystRL). Die polnischen Vorschriften über die Rechnungserstellung finden in diesem Fall keine Anwendung.
Besonderheiten bei innergemeinschaftlichen Verbringungen |
Es ist zu beachten, dass die Pflicht zur Ausstellung der Rechnungen, im Gegensatz zu deutschen Regelungen, auch die innergemeinschaftlichen Verbringungen aus Polen umfasst. In der deutschen Verwaltungspraxis wird angenommen, dass die unternehmensinterne Buchungsbelege weder als Abrechnungen anzusehen sind noch eine Außenwirkung entfalten und deshalb keine Rechnungen darstellen (Abschn. 14.1 Abs. 4 UStAE-DE). Dementsprechend greift die Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen beim innergemeinschaftlichen Verbringen von Gegenständen nicht ein. Die Unternehmer sind verpflichtet, lediglich unternehmensinterne Belege (in Form von z.B. Pro-forma-Rechnungen) auszustellen (Abschn. 14.1 Abs. 4 UStAE-DE). In der polnischen Verwaltungspraxis herrscht dagegen die Meinung, dass die innergemeinschaftlichen Verbringungen aus Polen mit Rechnungen dokumentiert sein müssen. Die Ausstellung eines internen Dokuments wäre nicht ausreichend [1]. Als Argument wird angeführt, dass eine innergemeinschaftliche Verbringung aus Polen eine innergemeinschaftliche Lieferung darstellt und die innergemeinschaftliche Lieferungen der Pflicht zur Ausstellung der Rechnungen unterliegt.
Die Unternehmer sind verpflichtet, die Innergemeinschaftliche Fernverkäufe mit den Rechnungen zu dokumentieren. Dieser Pflicht unterliegen diese innergemeinschaftliche Fernverkäufe, die in Polen steuerbar sind. Aus dieser Pflicht sind die über den OSS zu meldende Fernverkäufe ausgeschlossen (Art. 106a Abs.1 Pkt 2 UStG-PL).
Da in Praxis die meisten E-Commerce Händler zum OSS angemeldet sind, entfällt somit in der Regel die Pflicht zur Erstellung der Rechnungen.
Die Steuerpflichtigen, die zum OSS in Polen angemeldet sind, können allerdings die Rechnungen nach dem polnischen Recht freiwillig ausstellen (Art. 106b Abs. 4a UStG-PL).
Die Steuerpflichtigen, die zum OSS in einem anderen EU-Mitgliedstaat angemeldet sind, folgen die Vorschriften über der Rechnungsstellung, die das EU-Mitgliedstaat der OSS-Anmeldung vorsieht, auch, wenn die Fernverkäufe der polnischen Umsatzsteuer unterliegen. (Art. 106a Abs. 1 Pkt 2 UStG-PL, Art. 219a Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL).
Wird eine Anzahlung vor der Ausführung des Verkaufs oder Fernverkaufs vereinnahmt, ist der Steuerpflichtige verpflichtet, die Rechnung auszustellen, die die Anzahlung dokumentiert (Art. 106a Abs. Pkt 2 UStG-PL).
Eine Ausnahme aus dieser Regelung stellen u.a. die innergemeinschaftlichen Lieferungen dar. In diesem Fall ist die Ausstellung der Rechnungen, die den Erhalt der Anzahlung für die innergemeinschaftliche Lieferung dokumentieren, nicht vorgesehen. Es liegt daran, dass der Erhalt der Anzahlung auf die innergemeinschaftliche Lieferung für die Steuerentstehung keine Bedeutung hat.
Es ist zu beachten, dass bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen die Steuerpflichtigen die Rechnungen für die vereinnahmen Anzahlungen nicht ausstellen dürfen, auch wenn die Erwerber aus dem EU-Ausland darauf bestehen [2]. Die Ausstellung einer Anzahlungsrechnung in diesem Fall zieht allerdings keine negative Konsequenzen nach sich im Hinblick auf die Steuerschuldentstehung [3].
Die polnischen Regelungen über die Rechnungsausstellung sind anzuwenden, wenn ein polnischer Unternehmer eine Leistung erbringt (Art. 106b Abs. 1 i.V.m. Art. 106a Abs. 2 UStG-PL):
Bei solchen Leistungen ist eine Netto-Rechnung auszustellen, d.h. ohne den Ausweis der Umsatzsteuer.
Bei den Leistungen an Privatpersonen ist der leistende Unternehmer nicht verpflichtet, die Rechnungen auszustellen. Es ist zu beachten, dass in diesem Fall die Kassenbons auf der Registrierkasse zu erstellen sind (Art. 111 Abs. 1 UStG-PL) Die Steuerpflichtigen, die die Leistungen an Privatpersonen ausführen, sind somit verpflichtet, die Registrierkassen zu haben und die steuerlichen Pflichten bezüglich der Führung der Registerkassen zu beachten.
Bei B2C Verkäufen ist die Ausstellung von Kassenbons in der Regel obligatorisch.
Die Steuerpflichtigen, die steuerfreie Umsätze tätigen, sind von der Pflicht zur Rechnungserstellung befreit (Art. 106b Abs. 2 UStG-PL). Es handelt sich dabei sowohl um die Steuerpflichtigen, die die Umsätze ausführen, für die der Gesetzgeber Steuerbefreiung vorgesehen hat (z.B. Leistungen der Ärzte und Krankenhäuser), als auch um die Steuerpflichtigen, bei denen die Umsatzsteuer aufgrund von geringen Umsätzen nicht erhoben wird (das polnische Pendant zu der deutschen Kleinunternehmerregelung).
Falls der Unternehmer zur Ausstellung der Rechnung nicht verpflichtet war, muss er sie doch ausstellen, wenn der Erwerber die Ausstellung der Rechnung anfordert. Die Forderung der Ausstellung der Rechnung muss durch den Erwerber innerhalb von drei Monaten ab dem Ende des Monats, in dem die Ware geliefert wurde, die Dienstleistung erbracht wurde oder die Zahlung erhalten wurde, an den Verkäufer gerichtet werden (Art. 106b Abs 3 des UStG-PL).
Die Rechnung „auf Wunsch“ betrifft in der ersten Linie die Verkäufe an Privatpersonen, da bei den B2C Verkäufen die Unternehmer nicht verpflichtet sind, die Rechnungen auszustellen. Die Rechnung „auf Wunsch“ kann auch im Falle von den steuerfreien Umsätzen ausgestellt werden, da ebenfalls in diesem Fall keine allgemeine Rechnungserstellungspflicht besteht.
Bei den Fernverkäufen ist allerdings die Ausstellung von Rechnungen „auf Wunsch“ nicht vorgesehen. Die Steuerpflichtigen, die zum OSS in Polen angemeldet sind, sind dementsprechend nicht verpflichtet, die Rechnungen für die Fernverkäufe auszustellen, auch, wenn der Erwerber (Privatperson) die Rechnung anfordert.
Es ist zu beachten, dass, wenn der Steuerpflichtige eine Leistung mit einem auf der Registrierkasse erstellten Kassenbon bereits dokumentiert hat, kann er dann die Rechnung an einen Unternehmer nur dann ausstellen, wenn auf dem Kassenbon die Steuernummer des Erwerbers angegeben wurde (Art. 106b Abs. 5 des UStG-PL). Wird der Steuerpflichtige eine Rechnung ausstellen, obwohl er bereits einen Kassenbon für die ausgeführte Leistung ohne die Angabe der Steuernummer des Erwerbers erstellt hat, kann das Finanzamt dem Steuerpflichtigen (Verkäufer) zusätzliche Steuerlast in Höhe von 100% festsetzen (Art. 106b Art. 6 des UStG-PL).
Hinweis: Wenn Sie in Polen Käufe in Supermärkten für Ihren unternehmerischen Bereich ausführen, ist es sehr wichtig, dem Verkäufer noch vor der Zahlung mitzuteilen, dass Sie eine Rechnung bzw. einen Kassenbon mit der Angabe Ihrer Steuernummer anfordern wollen. Spätestens zum Zeitpunkt der Zahlung müssen nämlich die Verkäufer die Kassenbons erstellen . Nachdem der Verkäufer einen Kassenbon ohne die Angabe Ihrer Steuernummer ausgestellt hat, ist es für ihn nämlich nicht mehr möglich, die Rechnung auszustellen.
Beachte! Die Verkäufer sind in Polen nicht verpflichtet, den Käufer zu fragen, ob er sich die Ausstellung der Rechnung wünscht. Falls Sie eine Rechnung bekommen wollen, müssen Sie selbst dies dem Verkäufer kommunizieren.
Fußnoten:
[1]
Vgl. individuelle Auslegungen des Direktors für nationale Steuerinformationen: vom 21. Dezember 2023, 0114-KDIP1-2.4012.484.2023.2.GK., vom 14. November 2022, 0111-KDIB3-3.4012.389.2022.2.PJ, vom 2. April 2021, 0114-KDIP1-2.4012.56.2021.1.JŻ; vgl. Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Warschau vom 10. März 2022, Az. III Sa/Wa 1806/21.
[2]
Vgl. Individuelle Auslegung des Direktors der Steuerkammer in Poznan vom 2. Februar 2017, 3063-ILPP1-3.4512.190.2016.1.JNa.
[3]
Vgl. Individuelle Auslegungen des Direktors für nationale Steuerinformationen: vom 30. Juni 2023, 0111-KDIB3-3.4012.180.2023.3.MW; vom 13. Mai 2020, Az. 0113-KDIPT1-2.4012.205.2020.1.AMO.
Mein Name ist Magda Olszewska. Ich bin polnische Steuerberaterin und Leiterin der Kanzlei Olszewska Tax Consulting. Ich verfasse regelmäßig neue Artikel für unseren Blog, in denen ich Themen aufgreife, mit denen wir uns in unserer Praxis befassen.
Sollte es noch offene Fragen geben oder der Wunsch nach einer persönlichen Beratung bestehen, kontaktieren Sie uns gerne.
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Die Unternehmer, die in Polen steuerbaren Leistungen ausführen, sind in der Regel verpflichtet, die Rechnungen nach den polnischen Regelungen (sog. Faktura VAT) auszustellen, auch wenn sie ihren Sitz außerhalb von Polen haben. Welche Angaben eine polnische Rechnung enthalten muss, erfahren Sie in diesem Beitrag.