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Fiskalvetreter in Polen

Magda Olszewska

Stand: 05.11.2022
Magda Olszewska

Die Unternehmer vom außerhalb der EU, die sich zu der Umsatzsteuer in Polen registrieren müssen, bedürfen einen Fiskalvertreter in Polen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Funktion der Fiskalvertreter erfüllt sowie unter welchen Umständen die Pflicht zur Bestellung des Fiskalvertreters vermieden werden kann.

Was ist ein Fiskalvertreter?

Der Fiskalvertreter ist ein polnischer Steuerberater bzw. eine polnische Steuerberatungskanzlei, welche im Auftrag und im Namen des im Drittland ansässigen Unternehmers seine umsatzsteuerlichen Verpflichtungen gegenüber den polnischen Steuerbehörden vertritt, sowie für seine Umsatzsteuerverbindlichkeiten solidarisch mit dem vertretenen Unternehmer haftet.

Wer ist verpflichtet, den Fiskalvertreter zu bestellen?

Die Steuerpflichtigen, die weder eine feste Niederlassung noch einen Sitz auf dem Territorium der Europäischen Union besitzen, die der Registrierungspflicht als aktiver Umsatzsteuerzahlen in Polen unterliegen, sind verpflichtet, einen Fiskalvertreter zu bestellen (Artikel 18a Abs. 1 des UStG-PL).

Es sind somit die Steuerpflichtigen aus Drittländern, wie z.B. USA, der Schweiz, Russland oder China, die verpflichtet sind, einen polnischen Fiskalvertreter zu bestellen.

Es gibt zwei Länder, für die Ausnahme vorgesehen wurde: die Unternehmer aus dem UK und Norwegen sind nicht verpflichtet, einen Fiskalvertreter in Polen zu bestellen.

Welche Aufgaben hat der Fiskalvertreter?

Der Fiskalvertreter hat folgende Pflichten des Unternehmers zu erfüllen, der ihn bestellt hat:

  • Erstellung der Steuerabrechnungen, einschließlich der Umsatzsteuererklärungen und der Zusammenfassenden Meldungen, sowie die Führung und Aufbewahrung der Dokumentation, einschließlich der Aufzeichnungen, für die Zwecke der Umsatzsteuer.
  • Andere Tätigkeiten, die sich aus dem Umsatzsteuergesetz ergeben, wenn er von dem Unternehmer dazu berechtigt wurde (Artikel 18c Abs. 1 des UStG-PL).

Wofür haftet der Fiskalvertreter?

Der Fiskalvertreter haftet solidarisch mit dem vertretenen Unternehmer für seine Steuerverbindlichkeiten (Artikel 18d Abs. 1 des UStG-PL). Dies bedeutet, dass der Fiskalvetreter zur Zahlung der Steuern des vertretenen Unternehmers verpflichtet werden kann, falls z.B. der vertretene Unternehmer seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt. Der Fiskalvertreter kann ebenfalls zur Haftung für die Steuern des vertretenen Unternehmers gezogen werden, wenn das Finanzamt gegen den Unternehmer einen festsetzenden Bescheid erlässt und der Unternehme die sich aus dem Bescheid ergebende Steuer nicht zahlt.

Der Fiskalvertreter ist somit nicht nur für die ordentliche Erstellung der Steuerklärungen zuständig, sondern er haftet mit seinem ganzen Vermögen für die Steuern des vertretenen Mandanten.

Warum wurde die Pflicht zur Bestellung des Fiskalvertreters eingeführt?

Die auf den Unternehmern aus Drittländern auferlegte Pflicht zur Bestellung des Fiskalvertreters sollte die Interessen des polnischen Staates sichern. Im Falle von den polnischen Steuerpflichtigen, die ihren Steuerpflichten nicht nachkommen, hat der Fiskus nämlich eine breite Palette von Möglichkeiten, die Steueransprüche zu sichern. Gleiches greift bei den Steuerpflichtigen aus dem EU-Ausland, da das polnische Finanzamt in diesen Fällen auf Grundlage von der EU-Richtlinie die Finanzbehörden der anderen Mitgliedstaaten um die Hilfe bei der Ausführung der Vollstreckung bitten kann. Diese Möglichkeiten stehen dem Fiskus im Falle von den Unternehmern aus Drittländern jedoch nicht zur Verfügung. Theoretisch kann ein Unternehmer aus dem Drittland die Steuern nicht bezahlen und „verschwinden“ bevor der Fiskus Möglichkeit hätte, die Steueransprüche zu sichern. Aus diesem Grund wurde die Pflicht eingeführt, einen polnischen Fiskalvertreter zu bestellen, der für die Steuern des Unternehmers zur Haftung gezogen sein könnte, falls dieser seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt.:

In Praxis bedeutet es jedoch, dass der Steuerberater, neben seiner typischen Arbeit (Erstellung der Steuerabrechnungen), grundsätzlich noch als quasi Garantiegeber für seinen Mandanten gegenüber dem Finanzamt auftritt. Von daher sind auch die Preise für die Fiskalvertretung erheblich höher als die Preise für die klassische Steuerberatung. Zusätzlich wird offen die Vorlage der Bankgarantien bzw. Hinterlegung von Sicherheitsdepot erfordert.

Wie kann man die Pflicht zur Bestellung des Fiskalvertreters vermeiden?

Angesichts der hohen Anforderungen, den die Unternehmer aus Drittländern entgegenkommen müssen, um die umsatzsteuerbaren Tätigkeiten in Polen ausführen zu können, stellt sich die Frage, ob es möglich ist, die Pflicht zur Bestellung des Fiskalvertreters zu vermeiden.

Feste Niederlassung im EU-Ausland

Wie oben geschrieben, sind diese Unternehmer aus Drittländern zur Bestellung des Fiskalvertreters verpflichtet, die weder Sitz noch eine feste Niederlassung auf dem Territorium der Europäischen Union besitzen.

An erster Stelle sollte überprüft werden, ob der Unternehmer tatsächlich über keine feste Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat verfügt. Die international agierenden Unternehmer besitzen offen mehrere Umsatzsteueranmeldungen in anderen Ländern. Es ist dabei zu beachten, unter welcher Adresse der Unternehmer in dem EU-Ausland registriert ist. Wird er unter seiner Adresse im Drittland registriert, wird es für das polnische Finanzamt nicht ausreichend, um anzunehmen, dass eine feste Niederlassung innerhalb der EU vorliegt und die Bestellung des Fiskalvertreters unnötig ist. Wird dagegen der Unternehmer in dem EU-Ausland unter einer innerhalb der EU-Adresse gelegenen Adresse zur Umsatzsteuer registriert, geht das Finanzamt meistens davon aus, dass es eine feste Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat vorliegt und lässt die Registrierung ohne die Bestellung des Fiskalvertreters zu.

Feste Niederlassung in Polen

Besteht keine feste Niederlassung in EU-Ausland, kann in Erwägung gezogen werden, eine feste Niederlassung in Polen zu begründen. Dabei muss beachtet werden, dass die Begründung der festen Niederlassung unter Umständen zur Begründung der Betriebstätte für die Einkommensteuerzwecke führen kann. Eine gut gedachte Struktur wird eine feste Niederlassung für die Umsatzsteuerzwecke begründen, wird aber nicht ausreichend, um die Betriebstätte für die Einkommensteuerzwecke zu begründen.

Das Umsatzsteuerrecht kennt zwei Arten der festen Niederlassung: „aktive“ und „passive“ feste Niederlassung. Durch die aktive feste Niederlassung werden die Tätigkeiten des Unternehmers ausgeführt. Von daher liegt dieser Begriff dem Begriff der einkommensteuerlichen Betriebstätte nahe. Die passive feste Niederlassung gilt hingegen lediglich dem Empfang der Leistungen und aus diesem Grund kann meistens die einkommensteuerliche Betriebstätte nicht begründen. Im folgendem wird auf den Begriff der passiven festen Niederlassung eingegangen.

Passive feste Niederlassung

Gemäß dem Artikel 11 Abs. 1 der VO EU Nr. 282/2011 gilt als „feste Niederlassung“ für die umsatzsteuerliche Zwecke prinzipiell jede Niederlassung die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden (sog. „passive feste Niederlassung“). Für die Begründung der passiven festen Niederlassung ist somit nicht erforderlich, dass über die Niederlassung die gewerbliche Tätigkeit des Unternehmers ausgeübt wird.

Um die passive feste Niederlassung zu begründen, sollte demnach ausreichend sein, wenn der Unternehmer einen Raum in Polen anmietet, in dem das Unternehmer die Möglichkeit hätte, die Leistungen zu empfangen. Es sollte relativ einfach sein, wenn eine polnische Tochtergesellschaft/ Schwestergesellschaft besteht, die dem Unternehmer einen Raum vermieten könnte. Ansonsten besteht eine Möglichkeit, einen Raum (z.B. im Bürogebäude) anzumieten, die als feste Niederlassung fungieren könnte. Es ist dabei zu beachten, dass eine virtuelle Adresse von dem Finanzamt als nicht ausreichend für die Registrierung angesehen werden kann – dies insbesondere nach dem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichtshof, der bestätigt hat, dass das Finanzamt die Umsatzsteuerregistrierung unter der virtuellen Adresse ablehnen kann (Urteil des NSA vom 13 November 2019 r., Az. I FSK 1363/17). Die Anmietung eines physischen Raums ist somit für die Anmeldung zur Umsatzsteuer notwendig.

Fazit

Die Unternehmer aus Drittländern, die sich zu der Umsatzsteuer in Polen registrieren wollen, sind verpflichtet, einen Fiskalvertreter zu bestellen, der ihre Umsatzsteuerpflichten erfüllen wird und mit ihnen solidarisch für die Steuerschulden haften wird.

Die Pflicht zur Bestellung des Fiskalvertreters kann vermieden werden, wenn der Unternehmer über eine feste Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat verfügt. Das Vorhandensein der festen Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat kann durch die Vorlage der von dem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten USt-IdNr. nachgewiesen werden, wobei die Adresse, unter der der Unternehmer zu der Umsatzsteuer im EU-Ausland registriert wurde, innerhalb von der EU gelegen werden soll.

Alternativ kann ein Unternehmer aus dem Drittland einen Raum in Polen anmieten und somit eine passive feste Niederlassung in Polen begründen. Dabei soll sichergestellt werden, dass der Umfang der über diese Geschäftseinrichtung ausgeführten Tätigkeiten zur Begründung der Betriebstätte für die einkommensteuerliche Zwecke nicht führt.

Schreiben Sie uns

Mein Name ist Magda Olszewska. Ich bin polnische Steuerberaterin und Leiterin der Kanzlei Olszewska Tax Consulting. Ich verfasse regelmäßig neue Artikel für unseren Blog, in denen ich Themen aufgreife, mit denen wir uns in unserer Praxis befassen.

Sollte es noch offene Fragen geben oder der Wunsch nach einer persönlichen Beratung bestehen, kontaktieren Sie uns gerne.

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